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Geschaftsführer

Rechtsweg für Klagen von Geschäftsführern:
In mehreren Entscheidungen hat sich das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit mit der Frage beschäftigt, welcher Rechtsweg für Klagen des Geschäftsführers einer GmbH gilt.

Grundsätzlich ist das Arbeitsgericht zuständig für Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG). Gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten als Arbeitnehmer nicht Personen, die allein oder als Mitglied des Vertretungsorganes zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. Der von der Gesellschaft bestellte Geschäftsführer einer GmbH ist ein solches Vertretungsorgan im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Das bedeutet, dass für Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH grundsätzlich nicht der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet ist. Vielmehr gehört der Rechtsstreit vor die normalen Zivilgerichte (in der Regel Landgerichte).

Bei den Rechtsverhältnissen von GmbH-Geschäftsführern ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen der Bestellung zum Organ der Gesellschaft und dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis (Dienstvertrag), welches der Bestellung zugrunde liegt. Allein dadurch, dass jemand zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt wird, wird noch keine schuldrechtliche/vertragliche Beziehung zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter begründet. Diese schuldrechtliche Beziehung ist vielmehr in einem gesonderten Vertrag zu regeln. Dort werden etwa die Ansprüche des Geschäftsführers (auch Vergütung, Urlaub usw.) geregelt. Dieser Vertrag kann auch ein Arbeitsverhältnis/Arbeitsvertrag sein.

1.
In einem Beschluss vom 04.02.2013 (10 AZB 78/12) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Geschäftsführer nicht zum Arbeitnehmer wird. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert an der organschaftlichen Stellung als Geschäftsführer nichts. In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war der Kläger auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages bei der Beklagten GmbH beschäftigt. Er wurde durch eine formlose Abrede zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Nach Insolvenzeröffnung kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger/Geschäftsführer und stellte diesen unwiderruflich frei. Eine Abrufung als Geschäftsführer erfolgte nicht. Der Kläger/Geschäftsführer macht die Unwirksamkeit der Kündigung sowie Gehaltsansprüche geltend. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet ist. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten GmbH Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Anstellungsverhältnis, das der Tätigkeit als Geschäftsführer zugrunde liegt, als Arbeits- oder freies Dienstverhältnis anzusehen ist. Liegt ein Arbeitsverhältnis vor und zugleich eine organschaftliche Stellung, sind zur Entscheidung eines Rechtsstreites aus dieser Rechtsbeziehung die ordentlichen Gerichte (Zivilgerichte, Landgerichte) berufen. Die Arbeitsgerichte können erst dann zuständig sein bzw. werden, sobald der betreffende Mitarbeiter aus dem Amt als Geschäftsführer abgerufen wird. Im Fall des Bundesarbeitsgerichtes war der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Klageerhebung aber noch im Amt. Er war formal noch Geschäftsführer. Daran hat sich auch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts geändert.

2.
Anders war die Fallkonstellation dagegen in dem Verfahren, welches dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 26.10.2012 (10 AZB 60/12) zugrunde lag. Dort hatte die GmbH zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt. Die GmbH schloss eine als „Arbeitsvertrag“ bezeichnete Vereinbarung mit dem Geschäftsführer. Später legte der Arbeitnehmer sein Amt nieder, war aber weiter für die GmbH tätig. Grundsätzlich stellt die GmbH den Arbeitnehmer frei. Die GmbH kündigt das Anstellungsverhältnis. Der Arbeitnehmer erhebt Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet ist. Denn hier war der Geschäftsführer abberufen. Nach der Abrufung sind die Arbeitsgerichte für die Entscheidung über Ansprüche aus einem (wiederaufgelebten) Arbeitsverhältnis des früheren Organmitgliedes zuständig.

3.

Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes sorgen für Klarheit, welchen Rechtsweg GmbH-Geschäftsführer bestreiten müssen. Abberufene Geschäftsführer bzw. Geschäftsführer, die ihr Amt niedergelegt haben, die Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis geltend machen, müssen vor dem Arbeitsgericht klagen. Sind sie noch nicht abberufen bzw. haben sie ihr Amt noch nicht niedergelegt, müssen sie bei den ordentlichen Zivilgerichten klagen. Dies hat beispielsweise Auswirkungen für die Kostentragungspflicht. Vor den ordentlichen Zivilgerichten muss derjenige grundsätzlich die Kosten tragen, der den Prozess verliert („the loser takes it all“). Anders ist dieses bei dem Arbeitsgericht in der I. Instanz. Dort hat auch der Gewinner keinen Anspruch auf Erstattung seiner Rechtsanwaltskosten.

Mit der Klarheit, welcher Rechtsweg eröffnet ist, sind jedoch die materiell-rechtlichen Fragen nicht entschieden. Gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG gelten die Vorschriften des ersten Abschnittes des Kündigungsschutzgesetzes (§§ 1 – 14 KSchG) nicht für die Mitglieder des Organes, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist. Ist der Geschäftsführer bei Zugang der Kündigung nicht berufen (noch im Amt), hat er keinen Vorteil von einem etwaig nachbestehenden Arbeitsverhältnis. Die ordentliche Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers bedarf nicht der sozialen Rechtfertigung (vgl. Bundesarbeitsgericht 25.10.2007, 6 AZR 1045/06; Bundesgerichtshof 03.11.2003, II ZR 158/01). Ist der Geschäftsführer abberufen zum Zeitpunkt der Kündigung, kann er Kündigungsschutzklage mit der Begründung erheben, das zugrundeliegende Rechtsverhältnis sei ein Arbeitsverhältnis. Diese Folgen kann der Geschäftsführer durch Amtsniederlegung selbst herbeiführen.

In der Praxis sollte daher immer genau geprüft werden, ob es sinnvoll ist, zuerst das Anstellungsverhältnis mit einem Geschäftsführer zu kündigen und ihn danach von der Organstellung abzuberufen oder erst zeitlich nach Abrufung die Kündigung zu erklären.

Dienstkleidung

Arbeitgeber und Betriebsrat können in einer Betriebsvereinbarung das Tragen einer einheitlichen Dienstkleidung regeln. Wird die Dienstkleidung für Arbeitnehmergruppen unterschiedlich ausgestaltet, verlangt der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, dass es für eine solche Unterscheidung einen sachlichen Grund gibt. Dieses hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 30. September 2014 (Az.: 1 AZR 1083/12) im Falle eines Flugkapitäns der Lufthansa entschieden.

Der Kläger ist als Flugkapitän bei der Beklagten Lufthansa beschäftigt. Dort sind aufgrund eines Tarifvertrags nach § 117 Abs. 2 BetrVG für das fliegende Personal Personalvertretungen gebildet. Der Tarifvertrag ordnet die Geltung des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes an. Nach einer „Betriebsvereinbarung Dienstbekleidung“ hat das Cockpitpersonal während des Flugeinsatzes eine Uniform zu tragen. Zu dieser gehört bei Piloten eine „Cockpit-Mütze“. Diese muss von männlichen Piloten in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich getragen werden. Pilotinnen hingegen können hierüber frei entscheiden können. Bei ihnen gehört die „Cockpit-Mütze“ auch nicht zur Uniform. Der Kläger hält diese Unterscheidung für unwirksam.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass diese gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und unwirksam ist. Die einheitliche Dienstkleidung soll das Cockpitpersonal in der Öffentlichkeit als hervorgehobene Repräsentanten kenntlich machen. Eine unterschiedliche Behandlung sei nicht gerechtfertigt.
Das BAG hat offengelassen, ob gleichzeitig auch eine Diskriminierung des Geschlechts vorlag.

Kündigung

Außerdienstliche Straftaten eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst, können eine Kündigung rechtfertigen; dieses auch dann, wenn die Tat keinen direkten Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Dieses hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 10. April 2014 (Az.: 2 AZR 684/13) ausgeurteilt. Der Arbeitnehmer war bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt. Die Staatsanwaltschaft verfolgte ihn mehrfach, weil er mit Betäubungsmitteln handelte. Schließlich verurteilte das Strafgericht ihn zu einer Freiheitsstrafe. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis darauf hin ordentlich. Das BAG hielt die vom Arbeitnehmer erhobene Kündigungsschutzklage für unbegründet. Die Kündigung sei aus personenbedingten Gründen sozial im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt. Dem Arbeitnehmer fehle aufgrund der Straftaten die Eignung, um seine Tätigkeit aus zu üben. Eine außerdienstliche Straftat wecke Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Beschäftigten. Es bestünde vorliegend die Besorgnis, er könne bei seiner Tätigkeit (Vergabe von Leistungen nach dem SGB II) erpressbar sein oder in Interessenkonflikte geraten. Dieses insbesondere dann, wenn Personen aus dem strafrechtlichen Milieu Antragsteller sind.

Das BAG bestätigt mit seiner Entscheidung den Grundsatz, dass Kündigungen wegen außerdienstlicher Straftaten im öffentlichen Dienst eher greifen als in der Privatwirtschaft.

Mehr Urlaub für Ältere

Mehr Urlaub für Ältere ist erlaubt. Unternehmen dürfen älteren Arbeitnehmern mehr Urlaub gewähren als jüngeren Arbeitnehmern. Diese hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 21.10.2014 (9 AZR 956/12) entschieden. Im entschiedenen Fall hatte der Schuhhersteller Birkenstock Arbeitnehmern vom 58. Lebensjahr an zwei zusätzliche Urlaubstage (insgesamt dann 36 Tage) eingeräumt. Die 1960 geborene Klägerin hielt dieses für eine Diskriminierung der Jüngeren und verlangte ebenfalls die beiden zusätzlichen Tage.
Das BAG bestätigte die Klageabweisung der Vorinstanzen. Die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters kann unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig sein. Die beklagte Arbeitgeberin habe einen Gestaltungs- und Ermessensspielraum. Diesen habe sie mit ihrer Einschätzung, die in ihrem Produktionsbetrieb bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere Arbeit leistenden Arbeitnehmer bedürften nach Vollendung ihres 58. Lebensjahres längerer Erholungszeiten als jüngere Arbeitnehmer, nicht überschritten.
Wir weisen darauf hin, dass das BAG in einer früheren Entscheidung (9 AZR 529/10) eine Staffelung in einem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für unwirksam hielt, wonach Beschäftigte nach dem 40. Lebensjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage hatten, bis zum 40. Lebensjahr 29, und bis zum 30. nur 26 Tage. Dieses sei eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung wegen des Altes. Arbeitgeber und Gewerkschaften haben hierauf vielfach (zum Beispiel im Handel) reagiert und solche Differenzierungen abgeschafft. Als unbedenklich wird eine Staffelung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit erachtet.


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(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)

Betriebsübergang

Liegt ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB vor, können der Veräußerer und der Erwerber nicht (vertraglich) festlegen, dass ein Arbeitnehmer beim Veräußer verbleibt. Dieses hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom 20.03.2014 (8 AZR 1/13) entschieden.
Im entschiedenen Fall hatte eine Gemeinde die von ihr betriebene Kindertagesstätte auf einen Verein übertragen. Die Parteien hatten vereinbart, dass die Arbeitnehmer weiter bei der Gemeinde verbleiben, und lediglich dem Verein zur Arbeitsleistung gestellt werden. Dabei sollte dem Verein das fachliche Weisungsrecht zustehen. Das BAG nahm einen Betriebsteilübergang gemäß § 613a BGB an. Zwingende Folge sei gemäß § 613a BGB, dass die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber übergehen. Anderslautende Absprachen seien unerheblich.

Outsourcing

Der Entschluss eines Unternehmers, bestimmte Aufgaben an dritte Firmen oder selbstständige Gewerbebetreibende abzugeben (Outsourcing), ist zwar grundsätzlich eine freie Unternehmerentscheidung, auf Grund derer eine betriebsbedingte Kündigung erfolgen kann. Sie ist nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Für die Beurteilung der Frage, ob in einer Fremdvergabe ein dringendes betriebliches Erfordernis liegt, differenziert das BAG. Die Fremdvergabe darf nicht zu einer unzulässigen Austauschkündigung führen. Das ist zu bejahen, wenn sich der Arbeitgeber trotz der Fremdvergabe die vollständige Weisungsmacht vorbehält und nur formal seine Arbeitgeberstellung aufgibt. In diesem Fall entfällt die Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb nicht. Maßgeblich ist, ob der Arbeitgeber seine Entscheidung tatsächlich umsetzt und das Ziel, Aufgaben an Dritte zur selbstständigen Erledigung zu übertragen, wirklich erreicht werden soll. Mithin darf der Arbeitgeber im Falle der Fremdvergabe kein Weisungsrecht mehr inne haben.

Bei Ausgliederungs- bzw. Outsourcingmaßnahmen vor allem in Konzernen sind zudem die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts aus dem sog. „Rheumaklinik-Urteil (BAG NZA 2003,549) zu beachten Danach war die Entscheidung einer Rheumaklinik, bestimmte Teilbereiche (Küche, Reinigungsdienst) nicht mehr durch eigene Arbeitskräfte wahrnehmen zu lassen, sondern ein Drittunternehmen damit zu beauftragen, rechtsmissbräuchlich, wenn es sich bei dem Drittunternehmen um eine im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der Rheumaklinik eingegliederte Organgesellschaft handelt und die Wahl dieser Organisationsform in erster Linie dem Zweck dient, den Arbeitnehmern der betroffenen Bereiche „frei“ kündigen zu können, damit die im Wesentlichen weiterhin anfallenden Arbeiten mit neu eingestellten, schlechter bezahlten Arbeitnehmern verrichtet werden. Sind unternehmerische Motive in die Prüfung einzubeziehen, um Missbrauchsfälle festzustellen, liegt darin notwendig eine eingeschränkte Kontrolle des unternehmerischen Konzepts. Eine Rechtsprechung, die Ausgliederungsentscheidungen bewertet, wird im Schrifttum zwar teilweise als Tor zu einer weitergehenden Inhaltskontrolle angesehen und aus verfassungsrechtlichen Gründen im Ergebnis bzw. in der Begründung abgelehnt. In der arbeitsrechtlichen Praxis hat jedoch das Rheumaklinik-Urteil beträchtliche Unsicherheit ausgelöst. Seine Einordnung ist bislang unsicher, doch scheint es wesentliche Maßstäbe des allgemeinen Kündigungsschutzes verschoben und den Einstieg in einen konzernbezogenen Kündigungsschutz vollzogen zu haben. Zumindest ist nicht auszuschließen, dass die Überlegungen zu Rechtsmissbrauch und grundrechtsbegründetem Bestandsschutz künftig generell zur Begründung der Unwirksamkeit solcher Kündigungen herangezogen werden, die im Zusammenhang mit einer konzerninternen Tätigkeitsverlagerung ausgesprochen werden, soweit einzelnen Arbeitnehmern nur wegen der rechtsträgerübergreifenden Verlagerung der Schutz des KSchG entzogen würde.
Verfasst von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Christian Bussmann.

Betriebsrats-anhörung

“Zu wenig gehört”, das wusste schon Mutter, dass das schädlich ist.
Die Anhörung des Betriebsrates zu einer Änderungskündigung ersetzt nicht die Anhörung zu einer Beendigungskündigung. Umgekehrt ersetzt auch die Anhörung des Betriebsrates zu einer Beendigungskündigung nicht die Anhörung zu einer Änderungskündigung.
Dieses hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln mit Urteil vom 12.03.2014 (11 Sa 557/13) entschieden.
Bei einer Änderungskündigung verbindet der Arbeitgeber mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses (insoweit ist sie eine Kündigung wie die Beendigungskündigung) ein Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen. Ein solches Angebot (zweites Element) gibt es bei einer (reinen) Beendigungskündigung nicht.
Gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist der Arbeitgber verpflichtet, einen (existierenden) Betriebsrat vor einer Kündigung an zu hören. Erfolgt die Anhörung nicht oder nicht ordnungsgemäß, ist eine Kündigung bereits aus diesem Grund unwirksam.
Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber den Betriebsrat nur zu einer reinen Beendigungskündigung angehört. Tatsächlich hatte er später eine Änderungskündigung erklärt. Damit hatte er den Betriebsrat nur unzureichend angehört. Er hätte diesen auch über das unterbreitete Änderungsangebot (das 2. Element) unterrichten müssen. Der Arbeitgeber hätte mithin vor Ausspruch der Änderungskündigung das Anhörungsverfahren nochmals durchführen müssen.

Als Arbeitnehmer sollte man generell die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates (etwa im Rahmen einer Kündigungsschutzklage) rügen.

Arbeitgebern geben wir folgenden Tipp: Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat gleichzeitig zu einer Änderungskündigung sowie Beendigungskündigung anhören. Er kann bei der Unterrichtung offenlassen, ob er im Ergebnis eine Beendigungskündigung oder Änderungskündigung erklären will. Voraussetzung ist, dass der Kündigungssachverhalt für beide Alternativen feststeht, und eine der beide Kündigungen erklärt werden soll (BAG, 22.04.2010 – 2 AZR 991/08)

Rechtsschutz

Oftmals stellt sich für Mandanten die Frage, ob die Rechtsschutzversicherung zahlt, wenn der Arbeitgeber mit einer Kündigung droht.
Es ist schnell passiert. Der Chef bittet um ein Gespräch, und erklärt, dass man nicht mehr zusammenarbeiten wolle. Man könne das Arbeitsverhältnis mittels eines Aufhebungsvertrages beenden. Der Arbeitnehmer erhalte eine Abfindung, die aber im Rahmen bleiben müsse. Zwischen den Zeilen droht er mit einer Kündigung, wenn der Arbeitnehmer nicht zustimme. In einem solchen Fall ist unbedingt ein Rechtsrat erforderlich. Der Mandant hat eine Rechtsschutzversicherung. Diese muss die Kosten (des Anwalts) jedoch nur dann übernehmen, wenn ein sogenannter Rechtsschutzfall vorliegt. Der Bundesgerichtshof (IV ZR 305/074) bejaht einen Rechtsschutzfall. Damit muss der Rechtsschutzversicherer die Kosten übernehmen. Die Androhung der Kündigung ist eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.
Unser Service für Sie. Wir klären kostenlos für Sie ab, ob Ihr Rechtsschutzversicherer eintrittspflichtig ist.

Sperrzeit

Ein wichtiger Grund nach § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags liegt nicht allein in der Möglichkeit, durch diesen eine außergewöhnlich hohe Abfindung zu erlangen. Allerdings kann eine zur Verkürzung der Sperrzeit führende „besondere Härte“ nach 159 Abs. 3 Nr. 2b SGB III vorliegen, wenn eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses auf Dauer sinnlos erscheint und der Vertrag „Outplacement-Maßnahmen“ umfasst (SG Darmstadt 16.12.13, S 1 AL 419/14).

Altersvorsorge

Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einen Arbeitnehmer von sich aus auf die Möglichkeit hinzuweisen, nach § 1a BetrAVG das Entgelt umwandeln zu können (BAG, 23.01.2014 – 8 AZR 118/13)
Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer streiten sich darum, ob der Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil er ihn nicht auf seinen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung hingewiesen hat.
Nach dem Betriebsrentengesetz ( § 1a BetrAVG) kann der Arbeitnehmer vom Arbeitsgeber verlangen, dass von seinen Entgeltansprüchen 4 Prozent der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersvorsorge verwendet werden.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, den Arbeitnehmer auf diesen gesetzlichen Anspruch hinzuweisen.