Archiv der Kategorie: Arbeitsrecht

Kaskoversicherung

Ist nicht geklärt, ob bei einem versuchten Einbruchdiebstahl in einen Pkw der Täter versicherte oder nichtversicherte Gegenstände mitnehmen wollte, muss der Versicherungsnehmer, der vom Versicherer eine Entschädigung für die Beschädigung des Kraftfahrzeuges verlangt, nicht beweisen, dass sich die Absicht des Täters auf versicherte Gegenstände bezogen hat.

So hat das Landgericht Frankfurt an der Oder mit Urteil vom 11.01.2016 (16 S 98/15) entschieden.

Grundsätzlich ist bei einer Kfz-Teilkaskoversicherung im Gegensatz zu einer Vollkaskoversicherung Vandalismus nicht versichert. Kommt es allerdings zu einer Beschädigung eines Fahrzeuges bei einem Versuch, das Fahrzeug zu entwenden oder mitversicherte Teile des Fahrzeuges (z. B. ein fest eingebautes Radio) zu entwenden, liegt auch in der Teilkaskoversicherung ein grundsätzlich entschädigungspflichtiger Versicherungsfall vor.

Wird dagegen das Fahrzeug nur aufgrund von Vandalismus beschädigt oder wird es bei der Entwendung eines nichtversicherten Gegenstandes aus dem Innenraum beschädigt, ist die Teilkaskoversicherung nicht eintrittspflichtig. Es besteht dann nur Versicherungsschutz in der Vollkaskoversicherung.

In dem vom LG Frankfurt entschiedenen Fall hatte der Versicherungsnehmer eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen. Nach den Bedingungen waren das Fahrzeug sowie Fahrzeugteile und Fahrzeugzubehör u. a. gegen Entwendung versichert. Nicht versichert waren hingegen Sachen, die nicht als Zubehör anzusehen sind, wie z. B. ein Handy oder ein mobiles Navigationsgerät. Der Versicherungsnehmer fand das Fahrzeug mit einer durch schlossstechen aufgebrochenen Fahrertür vor. Im Wege der Klage verlangte er von dem Versicherer Erstattung der Reparaturkosten. In dem vom LG Frankfurt entschiedenen Fall ließen sich die Personen des Einbrechers und dessen Absicht nicht feststellen. Es war nicht aufklärbar, ob der Täter beabsichtigte Teile zu stehlen, die in der Teilkaskoversicherung versichert sind. Ob in einem solchen Fall ein Anspruch aus einer Teilkaskoversicherung besteht, ist in der Rechtsprechungsliteratur umstritten. Es wird die Auffassung vertreten, dass kein Versicherungsfall in der Teilkaskoversicherung anzunehmen sei, wenn bei einem Einbruch offen bleibe, ob die Entwendung versicherte oder nichtversicherte Objekte bezweckt war. Eine andere Auffassung legt die Versicherungsbedingung (AKB = Allgemeine Kraftfahrzeugbedingungen) versicherungsnehmerfreundlich aus. Danach seien Schäden am Fahrzeug auch beim Diebstahl von nichtversicherten Teilen/Gepäck abgedeckt. Eine zwischen diesen beiden Positionen vermittelnde Ansicht nimmt an, dass zumindest dann, wenn von außen kein auffallendes Gepäckstück sichtbar sei, die Absicht, alles „Stehlenswerte“ mitzunehmen und damit auch versicherte Teile, unterstellt werden kann. Dieser letzten genannten Auffassung schließt sich das Landgericht Frankfurt an der Oder an. Bleibt nach dem äußeren Schadensbild offen, ob der Einbruch der Mitnahme von versicherten oder nichtversicherten Gegenstände gegolten hat, wäre es nicht angemessen, dem Versicherungsnehmer die Beweislast dafür aufzuerlegen, dass der Täter die Entwendung versicherter Gegenstände beabsichtigt habe.

(Bussmann & Bussmann | Anwalt für Versicherungsrecht in Münster)

Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen

In vielen Arbeitsverträgen befinden sich sog. Versetzungsklauseln. Mit solchen behält sich der Arbeitgeber eine Änderung der Tätigkeiten des Arbeitnehmers oder des Arbeitsortes vor. Damit kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer flexibel einsetzen.

Eine solche Klausel hat jedoch auch Vorteile für den Arbeitnehmer. Denn im Fall betriebsbedingter Kündigung erweitert eine Versetzungsklausel den Kreis der Sozialauswahl. Arbeitnehmer, die mit dem etwa von einer betriebsbedingten Kündigung betroffenen Arbeitnehmer rechtlich vergleichbar sind, werden in die Sozialauswahl mit einbezogen. Rechtlich vergleichbar sind solche Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber Arbeitsaufgaben des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers im Wege seines Weisungsrechts einseitig zuweisen kann. Kann er diesen anderen Arbeitnehmer nicht aufgrund seines Direktionsrechts eine Tätigkeit zuweisen, sondern kann eine solche Änderung der Tätigkeit nur über eine Änderungskündigung oder durch eine einvernehmliche Regelung mit dem anderen Arbeitnehmer erfolgen, sind diese Arbeitnehmer nicht in die Sozialauswahl mit einzubeziehen.

Es stellt sich die Problematik, ob diese erweiterte Sozialauswahl nur dann durchzuführen ist, wenn die Versetzungsklausel wirksam ist. Kann der Arbeitgeber sich also im Falle einer betriebsbedingten Kündigung darauf berufen, dass die Versetzungsklausel unwirksam sei, und damit der anderweitige Arbeitnehmer nicht in die Sozialauswahl mit einbezogen werden kann. Praktisch relevant ist dieses für sog. fachliche Versetzungsklauseln. Für örtliche Versetzungsklauseln spielt dieses weniger eine Rolle, da die Sozialauswahl grundsätzlich betriebsbezogen durchzuführen ist. Selbst dann, wenn sich der Arbeitgeber vorbehalten hat, den Arbeitnehmer betriebsübergreifend zu versetzen, wird die Sozialauswahl nicht auf die anderen Betriebe ausgedehnt. Voraussetzung ist aber immer, dass es sich bei den Betrieben jeweils um eigenständige Betriebe im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes handelt.

Das Bundesarbeitsgericht hat bisher offen gelassen, ob ein Arbeitgeber sich im Rahmen der Sozialauswahl auf eine Unwirksamkeit einer Versetzungsklausel berufen kann. Die arbeitsrechtliche Literatur ist zu dieser Frage uneinheitlich.

Für den Arbeitgeber stellt sich dann ein Folgeproblem. Folgt man der Auffassung, dass auch bei einer unwirksamen Versetzungsklausel eine weitere Sozialauswahl durchzuführen, kann er dem anderen Arbeitnehmer nicht im Wege eines Weisungsrechts eine neue Tätigkeit zuordnen, um so den Arbeitsplatz für den eigentlich von der betriebsbedingten Kündigung betroffenen Arbeitnehmer freizumachen. Er müsste also auch eine Änderungskündigung gegenüber dem vergleichbaren/anderweitigen Arbeitnehmer aussprechen.

(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)

Änderungskündigung und Kündigungsschutz

Eine Änderungskündigung ist unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber die erstrebte Änderung der Beschäftigungsbedingung auch durch die Ausübung seines Weisungsrechtes erreiche kann. Mit diesem Urteil vom 22.09.2016 (AZ: 2 AZR 509/15, Vorinstanz LAG München, 22.07.2005 – 11 Sa 32/15) bestätigt das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine bisherige Rechtsprechung.

Der Arbeitnehmer hatte mit dem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag geschlossen, in welchem als Tätigkeitsort für den Arbeitnehmer die jeweiligen Geschäftsräume der Arbeitgeberin vereinbart waren. Ferner hatte der Arbeitgeber sich vorbehalten, den Mitarbeiter auch Tätigkeiten an einem anderen Arbeitsplatz zu übertragen. Die Arbeitgeberin erklärte gegenüber dem Arbeitnehmer, sie mache von ihrem Weisungsrecht Gebrauch und versetze ihn an einen anderen Tätigkeitsort. Mit einem weiteren Schreiben erklärte sie vorsorglich die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien verbunden mit dem Angebot, es nach Ablauf der Kündigungsfrist an dem neuen Tätigkeitsort fortzusetzen.

Der Arbeitnehmer nahm das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht an, auch nicht unter Vorbehalt. Er erhob gegen die Änderungskündigung Kündigungsschutzklage. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Vorinstanz (LAG München) und erklärte, dass die Kündigungsschutzklage begründet sei. Es wiederholt seine Rechtsprechung, wonach eine Änderungskündigung unverhältnismäßig ist, wenn die erstrebte Änderung der Beschäftigungsbedingung auch durch die Ausübung des Weisungsrechtes des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO möglich ist. Die Änderungskündigung ist damit sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG. Für das unterbreitete Änderungsangebot bedurfte es keine Änderung der arbeitsvertraglichen Bedingungen. Die Änderung des Beschäftigungsorts konnte der beklagte Arbeitgeber auch durch die Ausübung seines Direktionsrechts erreichen. Aus dem Arbeitsort ergäbe sich keine Einschränkung des Direktionsrechts dahingehend, dass der klagende Arbeitnehmer nur an einem bestimmten Beschäftigungsort zu beschäftigen sei, was zur Folge gehabt hätte, dass der beklagte Arbeitgeber nicht im Rahmen seines Weisungsrechts gemäß § 106 GewO den Arbeitnehmer an einen anderen Beschäftigungsort hätte versetzen können.

Auf die im Arbeitsvertrag vorgesehene Versetzungsklausel kam es daher nicht mehr an. Auch auf die Frage, ob und inwieweit die Versetzungsklausel unwirksam war, kam es damit nicht mehr an. Im Übrigen führte das Bundesarbeitsgericht aus, dass der Arbeitgeber die Versetzungsklausel als allgemeine Geschäftsbedingungen formuliert habe. Der Verwender von solchen allgemeinen Geschäftsbedingungen/vorformulierten Klausel kann sich aber nicht auf die Unwirksamkeit berufen.

(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)

Datenschutz

Arbeitgeber sind grundsätzlich berechtigt, ihre Mitarbeiter zu überprüfen. Dies muss allerdings verhältnismäßig sein.

Die Arbeitsgerichte führen hier in der Regel eine Interessenabwägung durch. Das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers wird mit dem vom Arbeitgeber erfolgten Kontrollzweck abgewogen. Existiert in einem Betrieb ein Betriebsrat, versucht dieser häufig, ein entsprechendes Kontrollrecht des Arbeitgebers zu verbieten. Häufig sind in Vereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat (sog. Betriebsvereinbarung) diese sog. Leistungs- und Verhaltenskontrollen ausgeschlossen. Ob und inwieweit so etwa wirksam ist bzw. wirksam bleibt, dürfte angesichts einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 27.03.2015 (EUGH C-582/14) fragwürdig sein.

Der Europäische Gerichtshof führt aus, dass pauschale Kontrollverbote grundsätzlich europarechtswidrig sind. Denn nach der maßgeblichen europarechtlichen Richtlinie (EU-Datenschutzrichtlinie) dürfen personenbezogene Daten verarbeitet werden, wenn sie zur Verwirklichung eines berechtigten Interesses erforderlich sind, sofern nicht das Interesse und die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen. Danach hat also eine Abwägung der Interessen zu erfolgen. Eine Klausel, nach der Leistungs- und Verhaltenskontrollen ausgeschlossen sind, dürfte damit nicht mehr wirksam vereinbart werden können.

Häufig ist auch vereinbart, dass der Arbeitgeber nicht kontrollieren darf, wenn ein Betriebsrat nicht zustimmt. Auch dieses dürfte mit der obigen Richtlinie und entsprechenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht mehr vereinbar sein. Auch wurde bisher vertreten, dass Arbeitgeber auf betriebliche E-Mail ihrer Mitarbeiter nicht zugreifen dürfen, falls der Arbeitgeber diesen die private Nutzung der Rechner/Firmenserver gestattet hatte. Zwar war dieses schon jetzt in der Rechtsprechung und Rechtsliteratur umstritten, jedoch dürfte nunmehr angesichts der EUGH-Entscheidung sich der Streit erledigt haben und der Arbeitgeber (nach Interessenabwägung) auf die E-Mails zu Kontrollzwecken zugreifen dürfen.

Im Mai 2016 tritt die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung in Kraft. Auch nach dieser bleiben pauschale Kontrollverbote unzulässig. Denn auch die neue Datenschutzgrundverordnung sieht eine Interessenabwägung vor. Zu sehen ist sie als unmittelbar geltendes EU-Recht vorrangig gegenüber den Regelungen des deutschen Datenschutzrechtes.

Arbeitgeber und Betriebsräte sollten daher die entsprechenden Betriebsvereinbarungen an die obige Rechtsprechung und die Datenschutz-Grundverordnung anpassen.

(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)

Unfallbedingte Bandscheibenschäden

Erleidet ein Versicherungsnehmer/eine versicherte Person unfallbedingt einen Bandscheibenschaden, kann dieses vom Versicherungsschutz in der privaten Unfallversicherung ausgeschlossen sein.

Häufig gibt es in den privaten Unfallversicherungsverträgen sog. Ausschlüsse. So sind in vielen Bedingungen Schäden an der Bandscheibe sowie Blutungen aus inneren Organen und Gehirnblutungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, wenn nicht ein Unfall die überwiegende Ursache für die entsprechende Beeinträchtigung ist.

So hatte in einem vom OLG Köln mit Urteil vom 04.03.2016 (20 U 175/15) entschiedenen Fall der klagende Versicherungsnehmer eine Invaliditätsentschädigung geltend gemacht. Er war von einem Sattelschlepper rückwärts auf den gefrorenen Asphaltboden gestürzt und hatte sich Prellungen zugezogen. Ferner hatte er geltend gemacht, dass es infolge des Unfalls zu einem Bandscheibenvorfall sowie zu einer Rückenmarksquetschung gekommen sei. Die Unfallversicherungsbedingungen sahen den obigen Ausschluss vor.

Das OLG führte aus, dass der klagende Versicherungsnehmer zu beweisen habe, dass überwiegende Ursache des Bandscheibenvorfalls das Unfallereignis sei. Es sei eine Gewichtung der Verursachungsanteile unter medizinischen Gesichtspunkten anhand von konkreten Vorschäden und des unfallbedingten Traumas vorzunehmen. Maßgeblich sei, inwieweit degenerative (anlagebedingte) Vorschäden an der betroffenen Bandscheibe vorhanden waren, wobei auch solche Veränderungen zu Lasten des Versicherungsnehmer gehen, die als altersgerechte Verschleißerscheinungen zu werten sind. Da der gerichtliche Sachverständige ausführte, dass die Bandscheibe bereits zum Unfallzeitpunkt deutlich vorgeschädigt war, konnte der klagende Versicherungsnehmer den entsprechenden Beweis nicht führen.

Der Versicherungsnehmer hatte ferner argumentiert, dass die Rückenmarksquetschung keinen Bandscheibenschaden im Sinne der Ausschlussklausel darstelle. Folgezustände eines Bandscheibenschadens wie Lähmungen, Sensibilitäts- und Reflexstörungen, würden vom entsprechenden Ausschlusstatbestand umfasst. Sachverständigenseits beraten kam das Gericht zum dem Schluss, dass die Quetschung des Rückenmarks eine Folge des eingetretenen Bandscheibenvorfalls war. Die Klage auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung wurde entsprechend abgewiesen.

(Bussmann & Bussmann | Anwalt für Versicherungsrecht in Münster)

Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung

Der Versicherungsnehmer einer Berufsunfähigkeitsversicherung muss das Bestehen einer Berufsunfähigkeit in Betracht ziehen, wenn er über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten hinaus ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt ist, wenn in den Versicherungsbedingungen folgende Klausel vereinbart ist:

Ist der Versicherte sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls ….vollständig oder teilweise außerstande gewesen, seinen Beruf auszuüben, so gilt die Fortdauer dieses Zustandes als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.“

Zeigt ein Versicherungsnehmer dem Versicherer in einer solchen Situation die Berufsunfähigkeit nicht innerhalb der vertraglich vorgesehenen Frist an, versäumt er diese Fristen regelmäßig schuldhaft.

Dieses hat das Oberlandesgericht Koblenz mit Urteil vom 24.02.2016 (10 U 910/15) entschieden.

Der Versicherungsnehmer machte im Wege der Klage gegen den beklagten Versicherer einen Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente sowie einer Beitragsfeststellung geltend. Er hatte mit dem beklagten Versicherer eine Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen. In den vereinbarten Bedingungen war u. a. vereinbart worden, dass

  • es als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit gilt, wenn der Versicherte sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen ist, vollständig oder teilweise außerstande gewesen ist, seinen Beruf auszuüben.
  • Der Anspruch auf Versicherungsleistung erst mit Beginn des Monates über die Berufsunfähigkeit durch den Versicherungsnehmer beginnt, wenn die Berufsunfähigkeit später als drei Monate nach ihrem Eintritt schriftlich mitgeteilt wird, es sei denn die verspätete Anzeige erfolgte ohne schuldhaftes Versäumen des Anspruchs Erhebenden.

Der klagende Versicherungsnehmer machte gegenüber der beklagten Versicherung eine bereits seit dem 01.07.2011 bestehende Berufsunfähigkeit geltend. Der Versicherer erkannte die Berufsunfähigkeit ab Mai 2014 an und erbrachte Leistungen (die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente sowie die gewährte Beitragsbefreiung). Für die Zeit davor lehnte der Versicherer Leistungen ab, weil der Versicherungsnehmer die obige Frist schuldhaft versäumt habe. Das Oberlandesgericht führt aus, dass der Versicherungsnehmer jedenfalls nach einer sechs Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit hätte er in Betracht ziehen müssen und dementsprechend einen Leistungsantrag bei dem Versicherer hätte stellen müssen. Dies gilt auch dann, wenn die den Versicherungsnehmer behandelnde Ärzte immer wieder die baldige Genesung in Aussicht stellten. Der Versicherer hat daher zurecht die Leistungen abgelehnt.

Die Entscheidung des OLG Koblenz ist noch nicht endgültig rechtskräftig. Beim Bundesgerichtshof läuft das Rechtsmittel des Versicherungsnehmers zum Aktenzeichen IV ZR 90/16.

(Anwalt für Berufsunfähigkeitsversicherung in Münster | Bussmann & Bussmann)

Anwalt Arbeitsrecht Münster

Kündigung wegen Pflichtverletzung/Abfindung

Füllt ein Arbeitnehmer eine Dokumentation, die den Arbeitsablauf von ihm und weiteren Mitarbeitern festhalten soll, nicht aus, stellt dies eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar.

Dies führt jedoch nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein nicht dazu, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Denn die Pflichtverletzung betreffe nicht die Erbringung der Hauptleistungspflicht (Arbeitspflicht), sondern nur ein Begleitverhalten (Ausfüllen von Tätigkeitsbericht). Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber zuvor den Arbeitnehmer abgemahnt habe. Selbst in einem solchen Fall sei es dem Abreitgeber zumutbar, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Der Arbeitgeber sei in einem solchen Fall nur berechtigt, das Arbeitsverhältnis ordentlich, also unter Einhaltung der Kündigungsfrist, zu kündigen. Dies gelte auch dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrages eine längere als die gesetzliche Kündigungsfrist vereinbart haben.

Das LAG beschäftigte sich ferner mit der Frage, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine angeblich vertraglich zugesagte Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe. Der Arbeitnehmer hatte behauptet, es sei zunächst besprochen worden, dass im Arbeitsvertrag vereinbart wird, dass er bei Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhält. Diesen Passus über die Abfindung im noch nicht unterschriebenen Vertrag hatte der Arbeitgeber dann vor Unterzeichnung wieder gestrichen. Auf diese Streichung der Abfindungsregelung hatte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht hingewiesen. Der Arbeitnehmer argumentierte nunmehr, dass der Arbeitgeber auf Schadenersatz haftet, weil er ihn hierauf nicht hingewiesen habe. Wäre er hierdrauf hingewiesen worden, hätte er darauf bestanden, dass ein Arbeitsvertrag nur mit einer Abfindungsregelung geschlossen wird. Der Arbeitgeber hat dagegen erklärt, dass er mit dem Arbeitnehmer ein Arbeitsvertrag mit einer Abfindungszusage nicht geschlossen hätte. Da der Arbeitnehmer Entsprechendes zu beweisen hatte, ging dieses zu seinen Lasten. Den geltend gemachten Schadenersatzanspruch auf Zahlung einer Abfindung hat das Landesarbeitsgericht mit dieser Begründung verneint.

(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)

Anwalt Arbeitsrecht Münster

Einsicht in Personalakte

Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, einen Rechtsanwalt für die Einsicht in seine Personalakte hinzuzuziehen.

Dieses hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 12.07.2016 (9 AZR 791/14) entschieden. Der klagende Arbeitnehmer hatte von dem beklagten Arbeitgeber über seine Rechtsanwälte verlangt, ihm gemeinsam mit der Rechtsanwältin Einsicht in die Personalakte zu gewähren. Dies lehnte der Arbeitgeber unter Hinweis auf das ihm zustehende Hausrecht ab. Er erlaubte dem klagenden Arbeitnehmer allerdings, auszugsweise Kopien der in der Personalakte befindlichen Dokumente zu fertigen. Der Arbeitnehmer erhob daraufhin Klage gegen den Arbeitgeber und beantragte beim Arbeitsgericht, ihm mit seiner anwaltlichen Vertreterin, Frau Rechtsanwältin B., Einsicht in seine Personalakte zu gewähren. Das Bundesarbeitsgericht lehnt einen solchen Anspruch ab.

Nach § 83 Abs. 1 S. 1 BetrVG hat der Arbeitnehmer zwar im bestehenden Arbeitsverhältnis das Recht, Einsicht in die über ihn geführte Personalakte zu nehmen. Hierzu kann er jedoch nur ein Mitglied des Betriebsrates hinzuziehen. Ein Anspruch, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, ergibt sich aus dieser Vorschrift nicht. Auch aus der allgemeinen Pflicht des Arbeitgebers, auf die Interessen und Belange des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB) ergibt sich ein solcher Anspruch des Arbeitnehmers nicht. Ebenfalls dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erlaubt, Kopien der in der Personalakte zu befindlichen Schriftstücke zu fertigen, bedarf es nicht der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Zu beachten sei nämlich auch, dass damit ein Betriebsfremder Zutritt in das Unternehmen erfährt. Wird etwa auch die Personalakte elektronisch geführt, müssen entsprechende Zugriffsrechte eingeräumt werden. Auch muss dafür Sorge getragen werden, dass der Schutz anderweitige Arbeitnehmerdaten sichergestellt ist.

Offen bleibt die Frage, ob dieses auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber – anders als im vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall – dem Arbeitnehmer nicht erlaubt, Kopien der Personalakte zu fertigen. Aus dem Gesetz ergibt sich nur ein Anspruch auf Einsichtnahme, nicht dagegen auf Fertigung von Kopien. Es spricht daher einiges dafür, dass auch in diesem Fall der Arbeitnehmer sein Recht auf Einsicht in seine Personalakte persönlich wahrnehmen muss und sich dabei nicht, auch nicht anwaltlich, vertreten lassen darf.

(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)

Anwalt Arbeitsrecht Münster

Anhörung des Betriebsrates vor Kündigungen

Ist im Betrieb ein Betriebsrat eingerichtet, muss der Arbeitgeber diesen vor jeder Kündigung anhören. Dabei hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Entsprechendes ergibt sich aus § 102 BetrVG.

Der Betriebsrat hat dann die Gelegenheit, zu der beabsichtigten Kündigung spätestens innerhalb einer Woche Stellung zu nehmen. Der beklagte Arbeitgeber hatte gegenüber dem klagenden Arbeitnehmer sogenannte Änderungskündigungen ausgesprochen. Hierzu hatte er am 20.11.2012 den Betriebsrat angehört. Mit Schreiben vom 26.11.2012 teilte der Betriebsratsvorsitzende mit, dass der Betriebsrat beschlossen habe, gegen die beabsichtigte Änderungskündigung Widerspruch einzulegen. Gleichsam bat der Betriebsrat noch um ergänzende Angaben, um abschließende Abwägung durchführen zu können. Das Bundesarbeitsgericht führt nunmehr in seiner Entscheidung vom 25.05.2016 (2 AZR 345/15) aus, dass der entsprechende Kündigungsschutzantrag/Beendigungsschutzantrag des klagenden Arbeitnehmers begründet sei.

Die Kündigung sei gemäß § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG unwirksam, da der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört habe. Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, muss er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitteilen, wie sich aus § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG ergibt. Die Abfassung und Zuleitung der Stellungnahme obliegt nach § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG dem Betriebsratsvorsitzenden. Wird eine Kündigung vor Ablauf dieser Wochenfrist ausgesprochen, ist diese unwirksam. Allerdings muss der Betriebsrat nicht warten, bis diese Woche abgelaufen ist. Er kann auch bereits vor Ablauf dieser Woche abschließend zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitgebers Stellung nehmen. Nimmt der Betriebsrat abschließend zur beabsichtigten Kündigung Stellung, wird das Anhörungsverfahren vorzeitig beendet. Der Arbeitgeber kann dann unmittelbar die Kündigung erklären. Voraussetzung ist aber hierfür, dass der Arbeitgeber der Stellungnahme des Betriebsrats entnehmen kann, dass es sich um eine abschließende Stellungnahme handelt. Der Arbeitgeber muss aufgrund der Äußerung des Betriebsrats davon ausgehen können, dieser werde keinesfalls noch im Weiteren Stellung nehmen. Teilt etwa der Betriebsrat dem Arbeitgeber mit, dass er der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zustimme oder erklärt er, er sehe von einer Stellungnahme zur Kündigungsabsicht ab, kann der Arbeitgeber von einer vorzeitigen Beendigung des Beteiligungsverfahrens ausgehen.

In dem vom Bundesgericht entschiedenen Fall fehlten allerdings sichere Anhaltspunkte dafür, dass der Betriebsrat sich in keinem Fall mehr zur Kündigungsabsicht äußern werde. Der Arbeitgeber hatte damit die Kündigung zu schnell ausgesprochen. Die Änderungskündigung war damit unwirksam. Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hatte damit insoweit erfolgt.

(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)

Anwalt Arbeitsrecht Münster

Elternzeitverlangen

Ein wirksames Elternzeitverlangen liegt nur vor, wenn es in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform (eigenhändige Unterschrift) erfolgt. Andernfalls ist es nichtig. Dieses hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 10.05.2016 (9 AZR 145/15) entschieden.

Nach § 16 BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) muss derjenige, der Elternzeit beanspruchen will, diese spätestens sieben Wochen (bei Kindern bis zu drei Jahren) bzw. 13 Wochen (bei Kindern ab dem dritten bis zum achten Lebensjahr) vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen. Das Bundesarbeitsgericht legt dieses Schriftformerfordernis streng aus.

Gemäß § 126 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist erforderlich, dass das Verlangen eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Damit genügt ein Telefax oder eine E-Mail nicht. Im vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte die klagende, schwangere Arbeitnehmer per Telefax gegenüber dem beklagten Arbeitgeber die Elternzeit geltend gemacht. Der beklagte Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis gekündigt. Hiergegen erhob die klagende Arbeitnehmerin rechtzeitig die Kündigungsschutzklage. Sie berief sich dabei auf das absolute Kündigungsverbot gemäß § 18 BEEG. Danach darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, nicht kündigen. Verstößt der Arbeitgeber gegen dieses Kündigungsverbot, ist die Kündigung gemäß § 134 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) unwirksam.

Voraussetzung für diesen Kündigungsschutz ist allerdings, dass die klagende Arbeitnehmer wirksam Elternzeit in Anspruch genommen hat. Dieses hat das Bundesarbeitsgericht verneint. Es hat ausgeführt, dass das per Telefax übermittelte Elternzeitverlangen gemäß § 125 S. 1 BGB nichtig sei. Denn dieses war nicht die Schriftform gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BGB. Bei einem Elternzeitverlangen sei das strenge formelle Erfordernis des § 126 Abs. 1 BGB einzuhalten. Elternzeit verlangen per E-Mail oder per Telefax genügen danach nicht. Die Arbeitnehmerin hätte die Elternzeit danach mit einem eigenhändig unterschriebenen Brief im Original (eine Kopie genügt nicht) geltend machen müssen. Dabei ist auch auf Folgendes zu achten: Es ist dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin auch den Zugang des entsprechenden Schreibens nachweisen kann. Insoweit ist das Verlangen per einfachen Brief mit Risiken verbunden. Es sollte zumindest das Verlangen per Einwurf-Einschreiben versendet werden oder per Bote übergeben bzw. eingeworfen werden, damit dieser den entsprechenden Einwurf als Zeuge bestätigen kann. Dabei muss dieser auch den Inhalt des Briefes bestätigen können, sich also das Schreiben vorher durchlesen und entsprechend auch den Eintütvorgang beobachten bzw. selbst vornehmen.

(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)