Kündigung eines Ausbildungs- verhältnisses
Verdachtskündigung
Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis durch den Ausbilder/Arbeitgeber grundsätzlich nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.
Mit Urteil vom 12.02.2015 (6 AZR 845/13) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass auch der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden einen solchen wichtigem Grund zur Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses darstellen kann. Vor einer entsprechenden Verdachtskündigung muss der Ausbildende jedoch alles ihm zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts tun. Hierzu gehört es insbesondere, dem Auszubildenden Gelegenheit zur Stellungnahme zum konkreten Verdacht der Pflichtverletzung zu geben. Hierfür ist es jedoch nicht erforderlich, dem Auszubildenden vor Durchführung der Anhörung über den beabsichtigten Gesprächsinhalt zu unterrichten. Ist der Auszubildende bei dem Gespräch erkennbar überfordert, muss der Ausbildende das Gespräch abrechen und eine erneute Anhörung anberaumen, wenn der Auszubildende grundsätzlich bereit ist, sich inhaltlich mit den Verdachtsmomenten auseinanderzusetzen. Die Anhörung muss auch dann unterbrochen werden, wenn der Auszubildende die Beratung mit einem Rechtsanwalt oder einer sonstigen Vertrauensperson wünscht. Der Ausbildende ist allerdings nicht verpflichtet, den Auszubildenden auf diese Möglichkeit hinzuweisen.
Im Fall des Bundesarbeitsgerichts warf der Ausbilder dem Auszubildenden, der eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolvierte vor, sich rechtswidrig 500,00 € Bargeld angeeignet zu haben. Er stellte insoweit eine Kassendifferenz fest. Das Bundesarbeitsgericht stellt fest, dass dieses eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen würde, die zur fristlosen Kündigung auch des Ausbildungsverhältnisses berechtigt. Er muss jedoch dem Auszubildenden die Möglichkeit der Stellungnahme zu diesem Tatverdacht geben und hat dabei auch die typischerweise bestehende Unerfahrenheit des Auszubildenden und die daraus resultierende Gefahr einer Überforderung Rücksicht zu nehmen. Eine Bekanntgabe des Gesprächsthemas ist jedoch grundsätzlich nicht erforderlich.
Bei der Anhörung handelt es sich auch nicht um eine nach dem Bundesdatenschutzgesetz unzulässige Datenerhebung. Dies sei nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber verdeckte Aufklärungsmaßnahmen ergreife, durch welche der Beschäftigte kontrolliert oder überwacht wird. Eine Anhörung zu einem konkreten Tatverdacht sei jedoch weder eine Kontrolle noch eine Überwachung. Der Arbeitnehmer werde in offener Weise mit den Verdachtsmomenten des Arbeitgebers befasst. Der Arbeitgeber hatte auch die zweiwöchige Frist zu der Erklärung der Kündigung eingehalten. Die Frist läuft solange, wie der Arbeitgeber/Ausbilder aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile Ermittlungen durchführt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts verschaffen.
Eine Anhörung des Kündigungsgegners muss in der Regel innerhalb einer kurzen Frist (im Allgemeinen nicht mehr als eine Woche) erfolgen. Im vorliegenden hatte der Ausbilder versucht, binnen der Wochenfrist Gesprächstermine mit dem Auszubildenden anzuberaumen und damit versucht, eine zeitnahe Anhörung durchzuführen. Die entsprechenden Termine hatte der Auszubildende abgesagt. Nach dem Urlaubsende des Auszubildenden hatte der Ausbilder dann die Anhörung zügig durchgeführt. Da der Arbeitgeber auch den Betriebsrat ordnungsgemäß angehört hat, war die fristlose Kündigung gerechtfertigt.
(Anwalt für Kündigungsschutz in Münster | Bussmann & Bussmann)