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Kranheitsbedingte Kündigung

Krankheitsbedingte Kündigung

Das Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmer/innen, die allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genießen, kann nur aus verhaltensbedingten, betriebsbedingten oder personenbedingten Gründen gekündigt werden (sog. soziale Rechtfertigung), wobei der Hauptanwendungsfall der Kündigung aus personenbedingten Gründen bei Krankheit die sog. krankheitsbedingte Kündigung ist.

Bei der krankheitsbedingten Kündigung werden vom Grundsatz her 3 Fallgruppen unterschieden: Die Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen, die Kündigung wegen langandauernder Erkrankungen sowie die Kündigung wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit.

Die Rechtswirksamkeit der krankheitsbedingten Kündigung wird hierbei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für alle Fallgruppen grundsätzlich in 3 Stufen geprüft.

Voraussetzung auf der 1. Stufe ist zunächst, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung eine sogenannte negative Gesundheitsprognose vorliegen muss, d.h. es müssen objektive Tatsachen gegeben sein, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Da kein Arbeitgeber hier in die zukünftige Entwicklung schauen kann, darf er sozusagen aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen. Bei häufigen Kurzerkrankungen in der Vergangenheit bedeute das etwa, dass über ein längerer Zeitraum von etwa 3 Jahren (wobei es hier keine starren Zeiträume gibt) geschaut wird, um auf eine negative Gesundheitsprognose in der Zukunft schließen zu können. Welche Anforderungen an die Gesundheitsprognose zu stellen sind, hat die Rechtsprechung insbesondere für die o.g. 3 Fallgruppen im Einzelnen entwickelt.

Weitere Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung auf der 2. Stufe ist, dass es in Zukunft zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen bzw. Belange kommt, und zwar eben auf Grundlage der vom Arbeitgeber prognostizierten Fehlzeiten.
Bei häufigen Kurzerkrankungen kann sich dieses etwa aus der wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers mit Entgeltfortzahlungskosten im Krankheitsfall ergeben, vor allem wenn er Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall für mehr als 6 Wochen über den eigentlichen Entgeltfortzahlungszeitraum nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) jährlich leisten muss.
Bei einer langandauernden Erkrankung geht es vor allem um die Frage, ob die krankheitsbedingten Arbeitsausfälle sogenannte Betriebsablaufstörungen verursachen würden. Diese sind jedoch konkret darzustellen, bloße Schlagworte hierzu wie mangelnde Planbarkeit genügen nicht. Auch hier kann sich bereits die Frage nach (zumutbaren) Überbrückungsmaßnahmen für den Arbeitgeber stellen.
Liegt hingegen eine (festgestellte) krankheitsbedingte sogenannte dauernde Leistungsunfähigkeit vor, kann jedoch nach der Rechtsprechung i.d.R. ohne weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Belange ausgegangen werden.

Voraussetzung jeder krankheitsbedingten Kündigung ist schließlich auf der sogenannten 3. Stufe die Vornahme einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung des sogenannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Hier ist anhand der Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu prüfen, ob sich eine unzumutbare betriebliche oder wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers ergibt. In diesem Zusammenhang erlangt auch besondere Bedeutung, ob ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt worden ist. Es ist nämlich bei der krankheitsbedingten Kündigung zu prüfen, ob irgendeine Möglichkeit bestanden hat, die Kündigung durch mildere Maßnahmen zu verhindern. Zwar ist die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements, wie es das Bundesarbeitsgericht immer so schön formuliert. „kündigungsneutral“. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist daher also auch keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung. Jedoch erlangt es vor allem Bedeutung im Falle einer streitigen Auseinandersetzung im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens über die Frage der Rechtswirksamkeit der krankheitsbedingten Kündigung. Dies kann für den Arbeitgeber vor allem problematisch werden, wenn er vor Ausspruch der Kündigung kein ordnungsgemäßes betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt hat. Denn das Ergebnis eines betrieblichen Eingliederungsmanagements kann sein, dass weniger einschneidende Maßnahmen als eine Kündigung dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen, wie etwa die Umorganisation des bisherigen Arbeitsplatzes oder die leistungsgerechte Anpassung bzw. Schaffung eines Arbeitsplatzes. Sofern Arbeitgeber daher kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt haben, müssen sie ihm Rahmen der Auseinandersetzung zur krankheitsbedingten Kündigung vor dem Arbeitsgericht im Einzelnen detailliert (substantiiert) vortragen, warum ein betriebliches Eingliederungsmanagement in keinem Fall dazu beigetragen hätte, neuerlichen Krankheitszeiten vorzubeugen und das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Arbeitgeber können sich dann insofern nicht etwa darauf beschränken einfach zu behaupten, es habe keine anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gegeben und schlagwortartig nur behaupten, leidensgerechte Arbeitsplätze hätten nicht zur Verfügung gestanden.

Arbeitgebern ist daher i.d.R. die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) anzuraten, da diese ansonsten Gefahr laufen, dass der Ausspruch der krankheitsbedingten Kündigung hieran scheitert. Bei Arbeitnehmern, mit denen ein solches betriebliches Eingliederungsmanagement von ihrem Arbeitgeber nicht durchgeführt worden ist, bieten sich hingegen auch im Hinblick hierauf gute Angriffspunkte gegen die Wirksamkeit einer krankheitsbedingte Kündigung.

Als Fazit bleibt daher festzuhalten: Es existiert eine umfangreiche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der krankheitsbedingten Kündigung, anhand derer die Voraussetzungen für die einzelnen Fallgruppen beurteilt werden können. „Aus der Hüfte geschossene“ arbeitgeberseitige Kündigungen sind oftmals wegen der Anforderungen der Rechtsprechung zum Scheitern verurteilt, sodass sich aus Arbeitgebersicht eine kompetente Beratung durch einen versierten Rechtsanwalt empfiehlt. Auch Arbeitnehmer sind gut beraten, bei Erhalt einer krankheitsbedingten Kündigung diese auf die einzelnen Voraussetzungen durch anwaltliche Beratung im Einzelnen überprüfen zu lassen. Auch hier gilt wie für jede schriftliche Kündigung, dass Arbeitnehmer vor allem die Fristen zur Erhebung der Kündigungsschutzklage von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung zu beachten haben.
Verfasst von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Christian Bussmann, www.bussmann-arbeitsrecht.de.