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Tele-Arbeit

Beendigung einer homeoffice-Vereinbarung

Arbeitet ein Arbeitnehmer zu Hause im home office, kann ein Arbeitgeber die entsprechende Zusage im Homeoffice auch gegen den Willen des Arbeitnehmers beenden. Eine solche Beendigung stellt in der Regel eine Versetzung dar § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und bedarf damit der Zustimmung des Betriebsrats (§ 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Liegt die Zustimmung des Betriebsrates nicht vor, ist die vom Arbeitgeber ausgesprochene Versetzung auch individualrechtlich gegenüber dem Arbeitnehmer unwirksam. In einem vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschiedenen Fall (LAG Düsseldorf, 10.09.2014, 12 Sa 505/14) bestand zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer eine zusätzliche Vereinbarung, nach der der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer einen Tele-Arbeitsplatz einrichtete. Der Arbeitnehmer musste die Arbeitsleistung teilweise in seinen häuslichen Bereichen, teilweise in der betrieblichen Arbeitsstätte erbringen (alternierender Arbeitsort). Die Arbeitsleistung war daher bei mindestens mit einem Anteil von 40% zu Hause zu erbringen. Ferner war der Arbeitnehmer in einem hohen Anteil im Außendienst tätig. Der Wohnort des Arbeitnehmers lag ca. 90 km vom Büro des Arbeitgebers entfernt. Nach der getroffenen Vereinbarung konnten sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer die außerbetriebliche Arbeitsstätte mit einer Ankündigungsfrist von 4 Wochen zum Wochenschluss ohne Angabe von Gründen aufgeben. Der Arbeitgeber kündigte die Vereinbarung über die Tele-Arbeit fristgerecht. Den Betriebsrat beteiligte der Arbeitgeber nicht. Mit der Klage macht der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Das Landesarbeitsgericht gibt dem Arbeitnehmer recht. Die Beendigung der Vereinbarung durch Kündigung sei rechtsunwirksam. Die Regelung in der Vereinbarung, wonach die Tele-Arbeit unter Einhaltung einer Frist aufgegeben werden können, sei als AGB-rechtliche Regelung wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam. Die Beendigung von Tele-Arbeit sei am gesetzlichen Leitbild des § 106 Satz 1 Gewerbeordnung zu messen. Danach hat der Arbeitgeber grundsätzlich ein Weisungsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer. Er kann aufgrund dieses Weisungsrechts grundsätzlich auch den Arbeitsort des Arbeitnehmers bestimmen und verändern. Es sei zwar grundsätzlich eine Klausel zulässig, welche für den Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber die einseitige Beendigung der Tele-Arbeit vorsehen. Diese müsse nicht den Erfordernissen entsprechen, die das Gesetz/die Rechtssprechung für die Wirksamkeit einer Änderungskündigung (§ 2 Kündigungsschutzgesetz) entwickelt hat. Allerdings sei eine solche Klausel – wie vorliegend – unwirksam, weil sie nicht eine Abwägung der Arbeitgeberinteressen mit den Arbeitnehmerinteressen vorsehe. Es sei vereinbart, dass die Beendigung der Tele-Arbeit vom Arbeitgeber einseitig ohne Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers erfolgen könne. Die Regelung über die Beendigung der Tele-Arbeit sei damit unwirksam. Sie ist auch deshalb unwirksam, weil es sich bei der Kündigung der Tele-Arbeit um eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG handele. Der Arbeitgeber habe hierzu nicht die erforderliche Zustimmung des Betriebsrates (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) eingeholt. Auf diese Unwirksamkeit kann sich auch der Arbeitnehmer (und nicht nur der Betriebsrat) berufen. Denn eine ohne Zustimmung des Betriebsrats erklärte Versetzung dient nicht nur den Schutz der Belegschaft, sondern auch dem Schutz des versetzten Arbeitnehmers.

Der Arbeitgeber hat gegen das Urteil Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt, diese dann jedoch zurückgenommen (BAG, 22.01.2015, 9 AZR 754/14). Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ist damit rechtskräftig.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist kritikwürdig. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist es vertretbar, dass der Arbeitgeber die Vereinbarung über die Tele-Arbeit kündigt. Zwar ist grundsätzlich die Kündigung des Arbeitgebers, mit der nur einzelne Vertragsbedingungen geändert werden sollen, der Vertrag aber im Übrigen unverändert bleiben soll (sogenannte Teilkündigung), unzulässig und unwirksam. Will der Arbeitgeber die Bedingungen des Arbeitsvertrages ändern, muss er grundsätzlich eine sogenannte Änderungskündigung aussprechen (soweit die Veränderung nicht von seinem Weisungsrecht gedeckt ist). Vorliegend lässt sich jedoch mit gutem Grund vertreten, dass eine solche unzulässige Teilkündigung nicht vorliegt. Denn der Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben hier mit der Vereinbarung der Tele-Arbeit ein zusätzliches Vertragsverhältnis begründet und in der Vereinbarung ausdrücklich festgehalten, dass diese selbstständig kündbar ist. Die Vereinbarung über das home office ist gerade nicht ein üblicher Bestandteil eines Arbeitsvertrages.

Arbeitgeber sollten sich gleichwohl an die Entscheidung des LAG Düsseldorf bis auf Weiteres halten. Insoweit ist denkbar, dass sich Arbeitgeber ein Widerrufsrecht in der Vereinbarung vorbehalten, in der konkret die Voraussetzungen für geänderte Umstände aufgeführt werden sollten, unter denen der Arbeitgeber die Zusage zum home officewiderrufen werden kann. Ist dieses nicht der Fall, kommt der Arbeitgeber von der Zusage nur durch Ausspruch einer sogenannten Änderungskündigung runter.